Aller Abschied ist leicht

2,50 

Lebensfrohe Alltags-Weisheiten

Autor: Hans-Josef Joest

Hardcover | 392 Seiten | 21 x 14,8 cm | ISBN 978-3-944974-10-1 | dialogverlag 2015

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Beschreibung

Wie geht Christsein im Alltag – ganz praktisch? Auf diese Frage hat Hans-Josef Joest in 22 Jahren als Chefredakteur von Deutschlands größter Bistumszeitung „Kirche+Leben“ höchst unterschiedliche Antworten gegeben, mal nachdenklich stimmende, mal hintergründig humorvolle, mal mahnend kritische. Sein neues Buch präsentiert eine Auswahl dieser lohnenden Texte. Der Untertitel des Buchs charakterisiert sie treffend als „Lebensfrohe Alltags-Weisheiten“.
Der Hamburger Erzbischof em. Werner Thissen stellt als besondere Qualität des Buchs heraus, dass es „in anregenden Lebens- und Glaubensgeschichten das Leben und die Kirche aufeinander bezieht“. Immer gehe es „um Erlebtes, das auf den Punkt gebracht wird“, und zwar „nicht in trockenen Thesen, sondern in lebensnahen Erzählungen“.

 

Weitere Bücher von Hans-Josef Joest:
Zeit-Zeugnisse – Ein Jahreslesebuch
-Draußen sieht man Weiter – Mußevolle Einsichten unterwegs

 

 

Leseprobe

Aus Abschieden wachsen Erinnerungen

Dörfliche Kindheit – Jahre lebhafter Eindrücke mit allen Sinnen: der Duft von Bratäpfeln zur Dämmerstunde, in der man die 45-Watt-Birne in der Stube noch gern schonte; im morgendlichen Halbschlaf frisches Rübenkraut auf Stuten; das Klacken der Hufeisen abends auf dem Kopfsteinpflaster, es kündigte die Rückkehr vom Feld an; Plundermilch mit Zimt – etwas ganz Besonderes für zwischen-durch; das weiche, feuchte Maul junger Kälber beim Füttern mit der Flasche; nach wildem Versteck- und Fangenspiel auf dem Hof kühler Johannisbeersaft aus selbstgepflückten Früchten; Oma Annas zufriedenes Lächeln, wenn wir Kinder wieder einmal den beachtlichen Stapel Eierpfannkuchen geplündert hatten …
Aus Abschieden wachsen Erinnerungen – gut so. Nicht selten wird einem erst weit später bewusst, dass manches davon Abschiede für immer waren. Zwar gibt es das sauerländische Dorf weiterhin, wenn auch mit weniger und nun ausge-siedelten Bauernstellen. Zwar hat zumindest einer meiner großelterlichen Höfe als Nebenerwerbsbetrieb überlebt. Zwar musste Körbecke von seinem Namen Abschied nehmen und heißt jetzt Möhnesee, dem Tourismus mag’s dienen.
Was hätte sich festhalten lassen? Tante Änne nahm das Rezept für ihre un-nachahmliche Buttercremetorte mit ins Grab. Ein Fünf-Mark-Stück, mit dem mich Opa Johannes jeweils an unserem gemeinsamen Namenstag glücklich machte – es zählt zum alten Eisen, und fünf Euro gibt es nur als Geldschein. Mutters winterliche Spezialität, eingeweckter saurer Rotkohlsalat, steht längst auf der Liste verbotener Lebensmittel, weil er zur Konservierung Salizylsäure enthielt.
Abschiede werden dadurch erleichtert, dass Dinge sich auch ohne unser Zutun verändern – wiederum gut so. Menschen sollen zum Beispiel nicht mehr so schuften müssen wie mein Patenonkel Leo auf dem kleinen Hof, sommertags im Feld, wintertags im Wald; das quälende Rheuma ließ ihn keine Sechzig werden.
Manche, die die guten alten Zeiten beschwören, verschweigen gern deren Schattenseiten und himmeln nur das Gute darin an. Zum Beispiel in puncto Ökologie: Wir wussten nicht, was »Bio« und »naturbelassen« war. Es schmeckte einfach alles, wie es aussah, Himbeere nach Himbeere, ob mit oder ohne Würmer.
Wir beteten bei Tisch und hielten bei Gewittern den gemeinsamen Rosenkranz für angemessen. Heute huldigen mehr und mehr der Göttin Demeter; und nicht wenige glauben, Hering aus zertifizierter nachhaltiger Fischerei zu speisen und